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Bamberg, Dom:Was Frauen tragen … - Predigt zum Kunigundentag 2024

Datum:
Veröffentlicht: 24.2.24
Von:
Jürgen Eckert

Was Frauen tragen – und wovon sie getragen werden – diese Frage kann ich naturgemäß nicht beantworten und muss es auch nicht. Das wird im Laufe des Tages noch hinreichend geschehen durch Menschen, die dafür berufener sind als ich.

Was Frauen tragen … - diese Worte könnten aber auch als Überschrift über einem Mode-Prospekt stehen. Was trägt frau heuer so – im Frühjahr/Sommer? Das ist – zugegeben – eine arge Veräußerlichung des sehr existentiellen Mottos unseres diesjährigen Kunigundentages. Und offen gestanden bin ich auch für Modefragen ganz sicher nicht der richtige Ansprechpartner; aber ich kann zumindest sagen, ob das, was jemand trägt, zu ihm passt oder nicht, ob es die Person ins richtige Licht setzt oder eher wie eine Maske wirkt, die das eigentliche Wesen verbirgt. Viele Menschen, nicht nur Frauen, fragen sich, was sie tragen sollen zu bestimmten Anlässen, in bestimmten Situationen. Denn die Kleidung, die wir tragen, soll im Idealfall Ausdruck einer inneren Haltung sein und diese nach Außen vermitteln. Das, was wir tragen, muss zu uns passen und unterstreicht unser Dasein und unsere Wirkung in dieser Welt. 

Der Apostel Paulus nimmt in der Lesung aus dem Kolosser-Brief dieses Bild der Kleidung auf und überträgt es auf das Leben der Christen, die er als Heilige bezeichnet. „Bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld!“ Wer diese Kleidung trägt, der ist ganz sicher ein angenehmer Zeitgenosse, der ist beliebt, mit dem ist man gern zusammen. Wie dringend bräuchten wir heute mehr Menschen, die der Härte und Kälte unserer Zeit etwas entgegensetzen, die in aller Gnadenlosigkeit und Unbarmherzigkeit andere Signale setzen. Wir alle sind erschüttert von den Kriegen, die derzeit wüten, und von der Brutalität, die Menschen dabei an den Tag legen. Aber wir gewöhnen uns ziemlich schnell an Gewalt in den Medien, an Hassreden und Lügen, die andere fertigmachen. Es ist ganz selbstverständlich, dass ich nur auf den eigenen Vorteil aus bin und berechtigte Anliegen der anderen, die dem im Weg stehen, ignoriere. Es wäre so wichtig, dass mehr aufrichtiges Erbarmen, mehr Güte, mehr Demut, mehr Milde und Geduld uns und unser Zusammenleben im Großen wie im Kleinen prägen würden, dass wir diese Haltungen anziehen wie ein Gewand, dass wir sie tragen und so die Welt zum Besseren verändern. Oft sind es Frauen, die genau diese Haltungen an den Tag legen, und die dadurch ihren Mitmenschen Lichtblicke schenken.

Die hl. Kaiserin Kunigunde war eine solche Frau, die sich durch diese Haltungen hat prägen lassen. Sie trug nicht nur die Krone und sicher auch eine Menge kostbarer Gewänder, sondern sie trug vor allem den Habitus der Güte, der Demut, der Geduld. Sie war in der Lage, zu verzeihen, auch als sie ungerecht beschuldigt wurde, und auf diese Weise Frieden zu vermitteln. Sie war eine wichtige Ratgeberin für ihren Mann, den Kaiser, und hat ihn auch vertreten, wenn er abwesend war. Vor allem aber war sie voll Liebe, und das meint nicht das romantische Gefühl des Verliebtseins, das so schnell vergeht wie es gekommen ist, sondern es meint echte Liebe, die Verantwortung spürt und sie annimmt. Diese Liebe lebte Kunigunde sicher gegenüber ihrem Mann, aber diese Liebe ist nicht beschränkt und lässt sich nicht eingrenzen. Sie fließt über und wird spürbar in den vielfältigen Bezügen, in denen wir Menschen leben. Diese Liebe ist, wie Paulus schreibt, das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht. Zu einer solchen Liebe gehört notwendig die Bereitschaft zur Vergebung, weil nur dadurch ein Weg in die Zukunft eröffnet wird. Wer nicht vergeben kann, der bleibt immer Gefangener des Unrechts, das ihn getroffen hat, der wird misstrauisch gegenüber anderen Menschen und missmutig gegenüber sich selbst. Liebe dagegen verzeiht und Liebe heilt; sie führt zusammen und nicht auseinander; sie setzt einen starken Impuls gegen die selbstbezogenen und spalterischen Tendenzen, die wir gerade heute so deutlich wahrnehmen. So kann Friede wachsen und bewahrt bleiben.

Wo aber sind die Quellen, aus denen sich diese äußeren Haltungen speisen? Für Paulus ist das ganz klar die innere Verbundenheit mit Jesus Christus. „In eurem Herzen herrsche der Friede Christi“. An Jesus Christus können wir ablesen, was Frieden und Versöhnungsbereitschaft bedeuten, was Liebe ist. Wer Christus als Herrn im Herzen trägt, der kann auch in schwierigen Lebenssituationen äußere Haltung bewahren. Wer Christus als den Schatz seines Lebens entdecken durfte, der wird alles andere in seinem Leben auf diesen einen, entscheidenden Punkt hin ausrichten, der kann so manche Zumutung leichter ertragen und trotzdem im Herzen den Frieden bewahren. Wir können als Christinnen und Christen alles Mögliche tragen, alles Mögliche als äußere Haltung annehmen, aber längst nicht alles passt zu einem echten, authentischen christlichen Leben. 

Eine heilige Kaiserin Kunigunde und was sie in ihrem Leben alles getragen und ertragen hat – sie kann uns auch heute als ein Vorbild dienen, das Mut macht und Orientierung gibt. An ihr können wir dankbar ablesen, was Frauen tragen, die im Glauben fest verwurzelt sind.